DAS MÄDLE MIT DEM BOXER
Ich bin Landkind und in natürlicher Idylle inmitten von Tieren und Obstbäumen aufgewachsen. In einem Ort, wo man noch die Schneiderin, der Steinmetz und der Schmied aus der Nachbarschaft beauftragt anstatt chinesische Massenware bei Amazon Prime anzufordern. Selbst heute noch.
In meinem Heimatdorf kannte man mich nur zusammen mit meiner vierbeinigen, treuen Begleiterin, einer liebenswerten Boxerhündin, die mich hin und wieder sogar von der Schule abholte.
Die eindrucksvollsten Erinnerungen meiner Jugend sammelte ich auf dem nachbarlichen Gnadenhof, wo ich hin und wieder Hand mit anlegen und bei der Stall- und Tierpflege helfen durfte.
UND DANN KAM UGANDA
Mein Wunsch, mich für etwas Gutes einzusetzen, führte mich für ein paar Monate in ein äquatoriales Entwicklungsland: nach Uganda. Dort durfte ich ein Start-Up Unternehmen im Sektor der erneuerbaren Energien unterstützen und mich dafür einsetzen, dass durch den lokalen Betrieb eines Biokraftwerks in Tiribogo jede Familie in den Abendstunden eine Glühbirne leuchten lassen konnte. Was das für die Familien bedeutete? Viel. Mehr. Lebensqualität. So fand ich in meine Gesprächen mit den Einheimischen heraus: Die Kinder konnten auch nach dem pünktlichen Sonnenuntergang um 18 Uhr noch Hausaufgaben machen und die Erwachsenen konnten sich sogar ein kleines eigenes Gewerbe aufbauen.
Mein Aufenthalt in Uganda war mir ein Augenöffner: Wir Westler erhalten unseren Lebensstandard, indem wir ressourcenreiche Länder ausbeuten. Das beginnt bei Textilien aus Bangladesh und nimmt seinen Lauf beim Victoriabarsch, der hierzulande die Kühltheken bewohnt. Kein Ugander könnte den Preis für diesen Fisch aus seinem eigenen Land bezahlen.
UND PLÖTZLICH WAR ALLES ANDERS: CARINA 2.0
Wieder zu Hause sortierte ich mein Leben um: Ich wurde Veganerin und kaufte meine Bio-Lebensmittel regional und fair ein. Mein Auto (Baujahr 1999) bekam einen Schlafplatz in Omas Garage. Dafür gönnte ich mir eine Bahncard, um zu meiner Arbeitsstelle zu pendeln. Auch mein Reiseverhalten änderte ich und ich begann, meine Scheinwerfer verstärkt auf meine unmittelbare Umgebung zu richten. Habe ich ein freies Wochenende, gehe ich wandern. Auch im Winter. À propos Winter: Ich kenne den Impact von einem Grad weniger auf dem Heizungsthermostat im Wohnzimmer und schätze nun (die zweite Schicht) hochwertige(r) Kleidung aus ökologisch nachhaltigen Materialien. „Shoppen gehen“ habe ich mir abgewöhnt. Brauche ich neue Gebrauchsgegenstände, finde ich Alternativen bei Rebuy, Vinted und in den örtlichen Secondhandshops. Und den beiden Kommoden, die ich mir bei einer Hausauflösung ergaunert habe, habe ich einen neuen Anstrich verpasst und – voilà – zwei echte Hingucker mit Nutzwert geschaffen.
MEHR TIEFGANG STATT AN DER OBERFLÄCHE ZU KRATZEN
Weil mich das Thema Nachhaltigkeit – ob sozial, ökologisch oder wirtschaftlich – nicht mehr losgelassen hat und ich meinen Spirit an mein Umfeld weitergeben wollte, habe ich beschlossen, mir fundierte Kenntnisse zu diesem Thema anzueignen: Ich habe ein Fernstudium zur Natur- und Umweltpädagogin absolviert und kann jetzt über Ökosysteme, nachhaltige Fischerei und Waldwirtschaft fachsimpeln.